Wie man seinen Monitor einschaltet

Früher war die Welt viel einfacher – insbesondere wenn es um so komplexe technische Aufgaben wie das Einschalten eines Bildschirms ging.

Finger drückt einen großen Einschaltknopf an einem Monitor.
So einfach könnte es sein. Heutzutage ist es das aber nicht mehr.

Im Jahr 2016 segnete der größere der beiden Monitore an meinem PC das Zeitliche. »Halb so wild«, dachte ich mir, »das kleine 17-Zoll-Gerät reicht vorübergehend, schließlich bin ich früher auch mit so etwas ausgekommen. Ich kann irgendwann in aller Ruhe etwas Neues bestellen.« Zwei Tage später war ich dann bei Media Markt, weil ich mir dachte: »Ich bin doch nicht blöd, durch so ein mickriges Bullauge in die Welt zu schauen.«

Ich kam mit einem neuen Breitbild-Gerät nach Hause, steckte es an … und staunte nicht schlecht darüber, dass ich nirgends einen Einschaltknopf fand. Da saß ich also – seit wenigen Monaten Diplom-Ingenieur der Medieninformatik, und unfähig, einen Monitor einzuschalten.

Hatte er vielleicht gar keinen Knopf, weil er sich automatisch einschaltet, sobald er ein Signal erhält? In dem Fall wäre er wohl defekt gewesen, denn korrekt angeschlossen war er bereits. Nein, er folgte schlicht und ergreifend dem Design-Trend, alle Steuerelemente möglichst unscheinbar zu machen. Schließlich soll nichts der schicken Optik im Wege stehen – schon gar nicht die Funktionalität.

Ein- und Ausschalten: Ein Fest für die Sinne

Mein erster eigener Monitor war noch ein Röhrengerät. Den hatte ich etwa ab der Jahrtausendwende. In dieser Ära waren die Steuerelemente an den meisten Geräten noch unübersehbar und mein Bildschirm war ein besonders prägnantes Exemplar.

An der Front hatte er eine riesige drehbare Scheibe mit einer Mulde für den Finger. Dieser Drehregler war gleichzeitig auch ein überdimensionierter Schaltknopf. Durch Drehen und Drücken konnte man durch das Bildschirmmenü navigieren. Aus heutiger Sicht klingt das wie ein hölzernes Steuerrad auf einem Piratenschiff, einige Monitore später sehe ich das aber als intuitivste Steuerung, die mir jemals untergekommen ist. Drehte man im Uhrzeigersinn, sprang man zum nächsten Menüpunkt, gegen den Uhrzeigersinn kam man zum vorigen und ein Drücken wählte den gewählten Eintrag aus.

Röhrenmonitor mit Drehrad und gut sichtbaren Einschaltknopf.
Mein erster Monitor hatte noch einen dicken Rahmen und reichlich Platz für ebenso dicke Steuerelemente.

Der Einschaltknopf rechts daneben wirkte im Verhältnis klein, war aber immer noch groß genug, um ihn mit dem Finger weit in das Gerät hinein drücken zu können. Bei heutigen Flachbildschirmen würde man bei vergleichbarer Tiefe wahrscheinlich schon durch das Gerät hindurch drücken. Vielleicht sind meine Erinnerungen schon ein wenig verklärt, aber das Ein- und Ausschalten war damals ein Fest für die Sinne. Jedes Drücken endete in einem deutlich hörbaren Klicken, beim Loslassen ertönte das lustige »Boing«-Geräusch der Sprungfeder und die Bildfläche zischte beim Ein- und Ausschalten.

Irgendwann kam zu den auditiven Reizen noch der Geruchssinn dazu. Da stieg mir beim Drücken plötzlich der sanfte Duft verschmorter Schaltkreise in die Nase. Im Gegenzug war es dann aber mit den optischen Reizen vorbei – mit anderen Worten: Ich brauchte einen neuen Monitor.

Schaltknöpfe in Reih’ und Glied

Nach dem Tod meines ersten Monitors war die Zeit des In-die-Röhre-glotzens vorbei, denn dann kamen nur noch Flachbildschirme. Die Tendenz zum Schlanksein spiegelte sich aber nicht nur in der Tiefe wieder – auch die Rahmen um die eigentliche Bildfläche herum begannen da schon, unaufhaltsam dünner zu werden.

Große Steuerräder wie auf meinem ersten Monitor waren damit auf jeden Fall passé, denn dafür war kein Platz mehr. Jetzt hatte ich das, was schon lange der Standard war: In einer Reihe angeordnete Knöpfe. Für die Navigation durch Menüs ist das in der Regel eine Katastrophe, weil die Knopfanordnung nur selten im Menü widergespiegelt wird. Statt einfach zum gewünschten Menüpunkt hinzudrehen und dann zu drücken, heißt es dann sinngemäß: Um den vierten Punkt von oben zu wählen, drücke vier mal Taste 3 und dann Taste 1.

Flachbildschirm mit dezenten Kn&oml;pfen um unteren Rahmen.
Die Steuerelemente an meinem zweiten Monitor bildeten einen dezenten schwarzen Strich am unteren Rahmen. Was sie an Schickheit einbrachten, ging an guter Bedienbarkeit verloren.

Eine Norm für die Tastenbelegung scheint es da nicht zu geben, aber zumindest der Einschaltknopf ist auf solchen Geräten relativ konsequent ganz rechts untergebracht und hebt sich – wenn schon nicht anders, dann zumindest dadurch – ab, dass er zusätzlich über ein kleines Lämpchen verfügt. Daran sieht man im Zweifelsfall auch, ob der Monitor überhaupt läuft.

Ein sinnliches Erlebnis war das Ein- und Ausschalten auf meinem zweiten Bildschirm nicht mehr. Der Knopf war extrem dünn, gab kaum nach und reagierte erst nach längerem Drücken – ganz laut- und geruchlos. Meistens drückte ich ihn mit dem Fingernagel, weil der dünne, harte Knopf auf der Fingerkuppe fast schon unangenehm war. Das war eine besonders schlechte Umsetzung dieses Standard-Konzepts, aber zumindest war der Einschaltknopf leicht zu finden.

Vor meinem ersten eigenen Flachbildschirm hatte ich vorübergehend eine Leihgabe, die ihrer Zeit voraus war – und zwar im negativen Sinn. Das Ding hatte an der Vorderseite auch eine ganz banale Knopfreihe und ganz rechts befand sich auch das übliche Lämpchen, allerdings ohne Einschaltknopf. Zum Ein- und Ausschalten hatte es stattdessen eine große Taste rechts an der Rückseite des Gerätes. Derjenige, von dem ich dieses Gerät geborgt hatte, dürfte mit diesem Versteckspiel schon seine Not gehabt haben, denn am Rahmen auf der Vorderseite waren mit Filzstift ein Pfeil sowie das Wort »ON« aufgemalt.

Alter Flachbildschirm mit händischer Beschriftung »ON« sowie einem Pfeil nach rechts am rechten Rahmen.
Hier hat das schicke Design jemanden dazu veranlasst, weniger schicke Hilfestellungen auf den Rahmen zu kritzeln.

Mit den dünner werdenden Rahmen wird es heute immer mehr zur Regel, dass die Steuerelemente am Gerät entweder seitlich oder gleich an der Rückseite angebracht werden. Bei ein bisschen Restrahmen und etwas Glück befinden sich an der Vorderseite vielleicht noch ein paar winzige Hinweise, wo man was findet – mitunter nur als leicht erhabene, matt-schwarze Symbole auf schwarz-glänzendem Untergrund. Andernfalls kann man sein Gerät auf der Suche nach dem »Geh-endlich-an-Punkt«, kurz »G-Punkt«, nur ausführlich umarmen und begrapschen.

Kreativität am falschen Fleck

Hatte ich meinen rätselhaften Monitor anno 2016 etwa nur zu einseitig betrachtet – also nur von der Vorderseite? Nein, ich hatte durchaus ein paar Knöpfe rechts an der Unterseite gefunden. Aber keiner davon war beschriftet und keiner davon zeigte auch nur irgendeine Reaktion. Die Designer hatten stattdessen wieder mal Kreativität am falschen Fleck bewiesen.

An der Unterseite in der Mitte, direkt unter dem Firmenlogo, ragt über eine Länge von etwa neun Zentimetern eine dünne, transparente Kunststoffplatte aus dem Gerät, die im Zentrum nur wenige Millimeter hoch ist und zu den Rändern hin mit dem Rahmen verschmilzt. In der Mitte dieser durchsichtigen Platte ist mit einem Durchmesser von gerade einmal zwei Millimetern ganz sanft ein Einschaltsymbol eingraviert. Diese Platte ist der Einschaltknopf. Erst nach dem Einschalten wird das Symbol auch für Normalsterbliche sichtbar, weil es dann blau beleuchtet ist. Irgendwie hübsch, aber irgendwie auch dämlich.

Blau beleuchtetes, zwei Millimeter großes Einschaltsymbol über einem Finger.
Einschaltsymbol meines aktuellen Hauptmonitors zwischen den Hautrillen meiner Fingerkuppe.

Ein- und Ausschalten: Pause für die Sinne

Auch interessant fand ich einen Monitor bei meinem früheren Arbeitgeber, bei dem mehrere Mitarbeiter rätseln mussten, wie man ihn einschaltet. Der hatte zwar ein paar dezente Symbole am Rahmen der Vorderseite, die eine Funktionalität andeuteten, allerdings waren nirgends die zugehörigen Knöpfe zu finden.

Es zeigte sich, dass die Symbole selbst die »Knöpfe« waren – ebene Flächen, die einfach nur auf Berührung reagierten. Keine Haptik, kein Klicken, kein »Boing«, … rein gar nichts. Wenn das die Zukunft ist, kann man irgendwann nicht mehr beurteilen, was ein Steuerelement ist und was nicht – das wäre praktisch das heutige Web im Real-Life.

Aber für Monitore sollte dieses Konzept ohnehin keine Zukunft haben. Schließlich werden die Rahmen an der Front immer dünner, bis sie verschwinden. Wenn dann tatsächlich jemand auf die Idee kommt, Knöpfe ohne Haptik auf die Rückseite zu verlegen, wo man die Dinger obendrein nicht sieht, halte ich es ganz mit Hubert J. Farnsworth und sehe mich nach einem neuen Heimatplaneten um.

Monitor ausschalten? Wer macht denn sowas?

Fairerweise muss man hinterfragen, wie verbreitet das regelmäßige Ein- und Ausschalten von Monitoren heute generell noch ist. Ich habe grundsätzlich irgendwann damit aufgehört, als ich neben meinem Hauptmonitor parallel noch einen zweiten stehen hatte. Heute sind vier Monitore gleichzeitig an meinen PC angeschlossen. Drei davon bleiben bestenfalls im Standby, denn für die drei Handgriffe, jeden einzeln aus- oder einzuschalten, bin ich wohl zu faul.

Mein vierter Bildschirm steht nicht auf meinem Schreibtisch, sondern meiner Couch gegenüber. Den verwende ich als Fernseher-Ersatz, weil ich mich so vor der Rundfunkgebühr drücken kann. Da ich den nur selten benutze und ich am Hinterkopf Augen bräuchte, um ihn von meinem Schreibtisch aus zu sehen, schalte ich den immer aus. Gerade, weil ich ihn so selten nutze, ist es dann aber ärgerlich, immer erst mit ihm kuscheln zu müssen, bis ich wieder weiß, wo sein Einschaltknopf ist.

Vermutlich geht es vielen Menschen ähnlich, auch wenn sie keine vier Monitore haben. Wer nur einen besitzt und nur selten benutzt, wird ihn wahrscheinlich eher ausschalten. Aber wer regelmäßig davor sitzt, hat nur wenige Gründe, nicht den bequemeren Standby-Modus zu nutzen. Nur das eingangs geschilderte Problem wird auf alle Fälle bestehen bleiben. Bevor man darüber nachdenkt, ob man seinen Monitor ausschaltet, muss man wenigstens ein einziges Mal den Einschaltknopf gefunden haben.

Kommentare

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Michael Treml, 2020-08-30 18:52:

Das ist eine ausgezeichnete Idee. Mein PC mit allen Extras hängt bereits an einer großen Steckdosenleiste unter dem Tisch – und wie ich eben sehe, hat diese einen beleuchteten Ausschaltknopf, den ich mit dem Fuß erreiche.

Bisherige Kommentare

  • Gabi

    Wie wahr wie wahr - ich helfe in einem Geschäft aus ein neues Notebook stand vor mir. Nach allen Regeln der Kunst suchte ich den Einschaltknopf, fragte Dr. Google und rief nach 40 Minuten die Eigentümerin an. Als sie mir sagte wo sich der Knopf befindet hatte ich auch noch Mühe ihn zu finden. Ich bin nicht alleine, der es so geht wie beruhigend. Liebe Grüße Gabi

    • Michael Treml (Seitenbetreiber)

      Antwort an Gabi:

      Ja, wenn ich so an die Laptops denke, die ich in den letzten Jahren in der Hand hatte, waren die da auch sehr uneinheitlich. Da war vom großen runden Knopf auf der Tastatur bis zum winzigen Schieber an der Seite alles Mögliche dabei.

      Irgendwann habe ich auch einmal in einem Diskussionsforum von jemandem gelesen, der dem Ausschalten von Notebooks generell mit Unverständnis begegnet ist. Der macht einfach den Deckel zu. Ob umgekehrt auch das Aufklappen allein ausreicht, ist dann aber wieder eine andere Frage. Grundsätzlich wäre es an einem Laptop ja recht intuitiv, wenn man ihn nur auf- und zuklappen müsste, aber wenn er dann ständig im Standby ist und der Akku leer läuft, ist das auch wieder witzlos.

      • Muvimaker

        Antwort an Michael Treml:

        Sie können weiter faul bleiben, greifen Sie ein wenig ins "G'sparte" und investieren Sie in eine Verteilersteckerleiste mit individuell schaltbaren Anschlüssen. Diese sind beleuchtet und man schaltet damit jedes Gerät extra ein und natürlich auch aus. Die Geräte können auch eingeschaltet bleiben, je nach Lust und Gehabe.
        Am Schreibtisch sehen Sie sofort was ein- oder ausgeschaltet ist. Falls Sie aus Plaltzgründen unter den Schreibtisch siedeln müssen, ist es noch einfacher. Alles einschalten (PC, Monitor, Hubs, etc) und nach Beendigung der Tätigkeit und Herunterfahren des Hauptgerätes mit dem Fuß auf den Hauptschalter der Steckerleiste treten - fertig. Damit sind nicht nur die Geräte stromlos, bei einem Gewitter kann das viel Geld ersparen.
        Diese Methode ist auch für Power-User geeignet, welche gerne externe Datenträger anschließen und deren Netzteile dann monatelang unnötig Strom ziehen. Einmal die ganze Steckerleiste ausgeschaltet und der Verbrauch ist gleich Null.

        • Michael Treml (Seitenbetreiber)

          Antwort an Muvimaker:

          Das ist eine ausgezeichnete Idee. Mein PC mit allen Extras hängt bereits an einer großen Steckdosenleiste unter dem Tisch – und wie ich eben sehe, hat diese einen beleuchteten Ausschaltknopf, den ich mit dem Fuß erreiche.

          • Anonym

            Antwort an Michael Treml:

            Das Ein- Einschalterprinzip funktioniert nur gewisse Zeit. Der Einschaltstrom ist so hoch, dass die Kontakte kleben. Aller halben bis 1 Jahr muss der Schalter getauscht werden.

            • Muvimaker

              Antwort an Anonym:

              Dann muss ich wohl etwas falsch gemacht haben, denn mittlerweile funktioniert das Prinzip mindestens fünf Jahre lang ohne Probleme.

            • Michael Treml (Seitenbetreiber)

              Antwort an Anonym:

              Danke für die Warnung! Das ist natürlich ungünstig.