Licht, Kamera, Videokonferenz!

Um in Videokonferenzen ein professionelles Bild abzugeben, setzen viele Leute auf virtuelle Hintergrundbilder. Gute Beleuchtung und Kameraposition wären aber zielführender.

Filmklappe vor einer verschwommenen Videokonferenz. Auf der Klappe steht »Production: Lichtbesprechung, Director: Meister Lampe, Camera: Meister Petz«.
Wer in Videokonferenzen ein gutes Bild liefern will, kann von klassischer Videoproduktion einiges lernen. (Montage, Bildquelle für Filmklappe: Chinnapong auf Adobe Stock)

Während die Pandemie ein Fluch für die Volksgesundheit war, entpuppte sie sich als Segen für Videokonferenzen. Ich selbst hatte schon vor 2020 regelmäßige Online-Konferenzen, aber quer durch alle Software-Lösungen gab es immer wieder Probleme mit der Video-Übertragung, sodass wir in der Regel darauf verzichtet hatten, unsere Visagen herzuzeigen. Als solche Online-Meetings dann zum Massenphänomen wurden, kurbelte das offenbar die technische Entwicklung gewaltig an und plötzlich wurde Telefonieren mit Bild doch noch zum Standard.

Aber an diesem Punkt hat die Entwicklung nicht angehalten; es wurden auch noch Filter geliefert, um seinen mehr oder weniger hübschen Schädel vor einem virtuellen Hintergrund in Szene setzen zu können. Das hat bei vielen Nutzern leider dazu geführt, dass sie sich im Wunsch nach einem professionellen Auftreten viel zu sehr mit dieser Spielerei befassen statt mit jenen Dingen, die das Bild wirklich professioneller machen.

Eine Frage der Perspektive

Bei vielen Gesprächspartnern springt einem sofort die grauenhafte Kameraperspektive ins Auge. Wahrscheinlich haben die meisten Leute einen Laptop, ein Tablet oder Smartphone vor sich am Tisch stehen oder liegen; dadurch kann man den Leuten von unten in die Nasenlöcher schauen. Das ist nicht nur ein unästhetischer Anblick, sondern kann auch ganz schön hochnäsig wirken, weil die Gesprächspartner im wahrsten Sinn auf einen herabschauen.

Kamerabild zeigt Kopf von unten und Zimmerdecke mit Lampe.
In Videokonferenzen lernt man so manche Zimmerdecke kennen.

Wenn man mobil teilnimmt, ist das zugegeben nicht so leicht zu ändern – schließlich kann man nur schwer sein Smartphone eine Stunde lang im ausgestreckten Arm auf Augenhöhe vor sich halten. Wenn man aber mit dem Laptop irgendwo sitzt und gerne ein besseres Bild abgeben würde, kann schon ein einfacher Verpackungskarton als Podest helfen.

Unabhängig vom Gerät sollte man die Kamera so ausrichten, dass das Gesicht möglichst in der Mitte liegt. Das ist vorrangig keine Frage von Ästhetik oder Geschmack, sondern von Flexibilität. Vielen Leuten ist nicht bewusst, dass nicht alle Konferenzteilnehmer das Gleiche vor sich sehen und gerade die Ränder eines Kamerabildes oft von irgendwelchen Steuerelementen oder Informationen überlagert werden. Wer seinen Kopf am unteren Rand positioniert, wird von anderen mitunter nur noch ab der Nase aufwärts gesehen.

Oben: Videokonferenz-Fenster, in dem rechts unten klein mein Kamerabild angezeigt wird, auf dem sich mein Kopf am linken unteren Bildrand befindet. Unten: Videokonferenz-Fenster der Gegenseite, auf dem groß dasselbe Kamerabild angezeigt wird, allerdings ist mein Kopf hier am Bildrand abgeschnitten wird und bis zum Mund von einem Feld überlagert, in dem sich das Videobild meines Gegenübers befinden sollte.
Zweimal dasselbe Kamerabild, aber auf der Gegenseite kommt man nicht so an, wie man erwarten würde.

Es werde Licht!

Von Leuten, die sich extra eine Kamera für Videokonferenzen angeschafft haben, bin ich schon mehrmals nach meiner Webcam gefragt worden, weil meine Bildqualität auffallend gut sei. Tatsächlich verwende ich eine externe Kamera, weil mein Stand-PC im Gegensatz zu Laptops naturgemäß keine eingebaute hat; allerdings handelt es sich um das erstbeste, billigste Gerät, das ich schon Jahre vor Corona spontan im nächstbesten Supermarkt gekauft hatte. Den viel größeren Unterschied in meiner Bildqualität macht die Beleuchtung.

Videos gibt es ja nicht erst seit Online-Konferenzen und jeder, der sich schon einmal ein wenig mit Filmproduktion oder Fotografie beschäftigt hat, sollte wissen, wie wichtig das richtige Licht für ein gutes Bild ist. Ich bin selbst alles Andere als ein Profi in diesem Bereich, aber nach ein wenig Einlesen in das Thema reichte mir schon eine einfache Schreibtischlampe zur deutlichen Verbesserung.

Essentiell ist eine gute Ausleuchtung von vorne. Im professionellen Bereich werden üblicherweise Leuchten mit riesigen Schirmen verwendet, um großflächiges, diffuses Licht zu erzeugen, das keine harten Schatten wirft. Dafür haben Normalsterbliche am Schreibtisch keinen Platz – ich auch nicht. Allerdings steht mein Schreibtisch direkt vor einer weißen Wand und wenn ich diese mit einer einfachen Lampe anstrahle, bildet das reflektierte Licht auch eine große, diffuse Leuchtfläche.

Schreibtisch mit drei Monitoren vor einer weißen Wand. Hinter den Monitoren steht eine Schreibtischlampe, die nach oben gegen die Wand gerichtet ist.
Man muss sich nicht fühlen, als würde man im Fotostudio sitzen. Eine einfache Schreibtischlampe gegen eine weiße Wand zu richten, wirkt auch schon Wunder.

Ergänzend kann es sich auszahlen, mit der vorhandenen Beleuchtung im Raum zu experimentieren. Standardmäßig habe ich eine Lampe direkt über mir; die liefert zwar einen angenehm hellen Arbeitsplatz, lässt aber meine Glatze strahlen und meine Augenhöhlen im Schatten versinken. Dieses Licht schalte ich deshalb aus. Im Gegenzug schalte ich meistens eine Lampe weiter hinten im Raum ein, um die Schatten an meinem Kopf weiter abzuschwächen und weil es zu sehr fortgeschrittener Stunde sonst so aussieht, als würde ich in einer pechschwarzen Höhle sitzen.

Vier Vergleichsfotos bei eingeschalteter/-n Lampe/-n: oben (Standard), vorne, oben + vorne + hinten, vorne + hinten.
Der grauenhafte Eindruck meiner Standardbeleuchtung kann durch die beste Webcam der Welt nicht wettgemacht werden.

Nachdem ich nicht in einem fensterlosen Betonbunker lebe, ändert sich die Lichtsituation im Raum je nach Tageszeit und Wetter. Wichtig ist mir deshalb an meinem Frontallicht auch, dass ich es dimmen kann, um es genau auf die Situation anzupassen. Bei mehr natürlichem Licht von hinten brauche ich auch mehr Kunstlicht von vorne – mitunter sogar mehr, als meine angestrahlte Wand hergibt. Zum Glück habe ich die meisten meiner Konferenzen am Abend, aber untertags kann es sich auszahlen, die Fenster mit Jalousien oder Vorhängen zu verdunkeln.

Ursprünglich hatte ich mir meine Lampe übrigens nicht gekauft, um damit die Wand anzustrahlen, sondern um sie direkt auf mich zu richten. Das war allerdings selbst auf der niedrigsten Stufe zu hell für meine Abend-Meetings und hat deutliche Schatten geworfen. Außerdem war es sehr anstrengend für meine Augen, die schon von meinen Monitoren nur wenig Licht gewohnt sind.

Wer sich trotzdem für direkte Beleuchtung entscheidet, dem möchte ich aus ganz subjektiven Gründen zumindest von den ringförmigen Leuchten abraten, die bei Influencern derzeit im Trend liegen. Diese Lampen erzeugen nämlich naturgemäß auch eine ringförmige Reflexion in den Augen – manch einem gefällt das angeblich, aber ich finde diesen Anblick so unheimlich seelenlos, dass ich darin bestenfalls einen Spezialeffekt für Zombiefilme sehe.

Hässlich werden durch schöne Hintergrundbilder

In der physischen Welt an Lichtern und Kamerapositionen herumzuschustern, kann zugegeben mühsam sein. Vermutlich ist es gerade deshalb für viele attraktiver, einfach ein schönes virtuelles Hintergrundbild einzustellen, um Eindruck zu schinden. Das Problem ist bloß, dass man genau das Gegenteil bewirkt.

Schönheit ist relativ. Ein Hobbysportler schaut neben Mister Universum nach Spargeltarzan aus und wer sich selbst vor einem gestochen scharfen Kunstwerk präsentiert, sollte besser auch ein solches sein, wenn er nicht wie Quasimodo auf einem amateurhaften Party-Foto aussehen will. Selbst mit meiner Beleuchtung komme ich nicht einmal annähernd auf eine Bildqualität, die mit typischen Hintergrundbildern mithalten kann. Wenn ich solche trotzdem verwende, betone ich damit bloß meine Defizite.

Ich, ein kahler Mann mit Bart und weißem Hemd, vor einem deutlich schärferen Hintergrund, der die Golden Gate Bridge zeigt.
Starkes Bild … im Hintergrund. Aber dieser biedere Glatzkopf verstellt die schöne Aussicht.

Neben der reinen Bildqualität wirkt das Gesamtbild in der Regel auch deshalb nicht stimmig, weil Perspektive und Beleuchtung zwischen Vorder- und Hintergrund nicht zusammenpassen. Wenn jemand aussieht, als würde er sich mit einer Taschenlampe im Kleiderschrank verstecken, während im Hintergrund die Sonne scheint, braucht man kein Doktorat in Physik, um diese Ästhetik im Stil einer Kindergarten-Collage infrage zu stellen.

Das heißt keineswegs, dass man nicht auch mal ein bisschen Spaß haben darf. Aber man sollte sich zumindest bewusst sein, dass das eine Spielerei ist, und nicht glauben, dass man damit in irgendeiner Weise professionell wirkt.

Gleiche Szene wie zuvor, aber ich trage eine Sonnenbrille und singe in ein Mikrofon.
In einer Parodie auf billige Musikvideos macht sich so ein Hintergrundbild wesentlich besser als in einer Quartalszielbesprechung.

Wo das Freistellen versagt

Grundsätzlich sind die heutigen Systeme erstaunlich gut darin, Vordergrund und Hintergrund zu unterscheiden, was ja eine Grundbedingung ist, um einen virtuellen Hintergrund einblenden zu können. Am Beginn der Corona-Pandemie war das noch anders. Da brachte mein Wohnzimmer das System noch gewaltig ins Schleudern und ich kenne mehrere Leute, die sich zu dieser Zeit nach Greenscreens umsahen, also nach komplett grünen Leinwänden, wie sie in der Filmproduktion schon seit Jahrzehnten eingesetzt wurden, um solche Effekte zu erleichtern.

Trotzdem hat dieses sogenannte Freistellen bis heute seine Makel. Besonders dann, wenn der reale und der virtuelle Hintergrund sich so gar nicht ähnlich schauen, merkt man rund um seinen Körper herum Fehldarstellungen. In manchen Situationen scheitern die Systeme auch heute noch im größeren Stil daran, Vorder- und Hintergrund korrekt voneinander zu unterscheiden.

Gleiche Szene wie zuvor, aber dort, wo mein Bart sein sollte, sieht man stattdessen auf den Hintergrund.
Wer nicht wie Daniel Durchschnittsmensch aussieht, weil er zum Beispiel einen Bart trägt, kann den Algorithmus besonders leicht in die Irre führen.

Die Funktion, den Hintergrund nicht zu ersetzen, sondern nur verschwommen darzustellen, ist aus meiner Sicht die wesentlich professionellere Wahl, wenn man aus irgendeinem Grund sein Umfeld nicht herzeigen will. Damit stellt man im Gegensatz zu Hintergrundbildern sicher, dass Vorder- und Hintergrund zusammenpassen und Ungenauigkeiten an den Rändern fallen nicht so schwer ins Gewicht. Im Standbild kann es meiner Meinung nach sogar richtig gut aussehen, aber sobald man sich ein wenig bewegt, merkt man an den Übergängen vom Vorder- zum Hintergrund dann doch sehr deutliche Störungen.

Ich vor einem verschwommenen Hintergrund. Ich habe eine Hand mit gespreizten Fingern vor mir und zwischen zwei der Finger ist der Hintergrund nicht verschwommen.
Sieht super aus, solange man wie ein billig animierter Anime-Charakter nur seinen Mund bewegt, aber bei etwas mehr Dynamik braucht der Verwisch-Effekt ein wenig, um nachzukommen.

Komplette Fehlerkennungen finden bei diesem Effekt natürlich genauso statt. Besonders störend ist das dann, wenn man irgendetwas in die Kamera halten will. Nachdem diese Algorithmen darauf optimiert sind, Personen freizustellen, scheitern sie in solchen Fällen fast immer.

Ich halte vor einem verschwommenen Hintergrund etwas blau-weißes in die Kamera, das ebenfalls so verschwommen dargestellt wird, dass man es nicht erkennen kann.
Lustiger Nebeneffekt dieses Hintergrund-Filters: Alles, was man herzeigen will, sieht wie eine zensierte Obszönität aus.

Besonders beliebt und in der Regel besonders hässlich sind selbst erstellte Hintergrundbilder, die primär ein Logo beinhalten. Da Logos typischerweise Bilder sind, die sich durch besonders scharfe Kanten und einheitliche Farbflächen auszeichnen, lassen solche Hintergründe die schlecht abgefilmte Person im Vordergrund besonders verschwommen und blass aussehen.

Umgekehrt ist allerdings auch die Gefahr groß, dass flächige Logo-Hintergründe gar nicht in der gewünschten Qualität beim Gegenüber ankommen. Weil Logos und Fotos sehr unterschiedlich sind, werden dafür üblicherweise unterschiedliche Formate mit unterschiedlichen Kompressionsverfahren verwendet und Videoformate bauen für gewöhnlich auf Verfahren für Fotos auf, die nicht gut für Logos geeignet sind.

Logos sorgen auch immer wieder für Verwirrung, weil die meisten von ihnen nicht symmetrisch sind. In der Regel ist es uns gar nicht bewusst, aber unser eigenes Bild wird uns in Videokonferenzen immer gespiegelt angezeigt, weil wir diesen Anblick aus dem Alltag so gewohnt sind und intuitiver damit umgehen können; andere Diskussionsteilnehmer sehen uns dagegen richtig herum. Wenn wir nun ein Logo im Hintergrund haben, wird uns dieses ebenfalls spiegelverkehrt angezeigt – was extrem irritierend sein kann. Es gibt sogar Leute, die ihr Hintergrundbild aufgrund dieser Verwirrung »korrigieren« … und daraufhin bei allen anderen Gesprächsteilnehmern mit spiegelverkehrtem Logo auftreten.

Videobild mit virtuellem Hintergrund und Logo der TU Wien.
Ein gewöhnungsbedürftiger Anblick, aber immerhin erinnert er einen ständig daran, dass andere Konferenzteilnehmer das Kamerabild anders sehen.

Was auch nicht jedem bewusst ist: Andere Konferenzteilnehmer sehen nicht zwangsläufig denselben Bildausschnitt, den man selbst sieht. Vor allem Microsoft Teams ordnet mehrere Videos gerne im Hochformat nebeneinander an, sodass das liebevoll positionierte Logo gerne mal abgeschnitten wird oder gar nicht mehr im Bild ist.

Statt an unpassenden Hintergründen mit oder ohne Logo sollte aus all diesen Gründen lieber an der Beleuchtung gearbeitet werden, sodass es in Videokonferenzen genauso wie in Hollywood lautet: Licht, Kamera, Action!

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